Samstag, 24. Januar 2009
 
Aufstand in Tibet PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Indymedia   
Montag, 17. März 2008

Die Demonstrationen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa begannen schon am Jahrestag des Aufstands gegen die chinesische Herrschaft. Nach offiziellen chinesischen Angaben verloren damals mehr als 87.000 Tibeter ihr Leben. In den Jahrzehnten der Gewaltherrschaft über das Gebiet und seine Einwohner starben insgesamt 1,2 Millionen Menschen. Hunger, Zwangsarbeit, Haft, Folter, Hinrichtungen und die Zerstörung von 6000 Klöstern und Tempeln waren die Folgen der Besetzung und Unterdrückung.


Rückblick zum Jahrestag

Am 10. März 1959 versuchten tibetische Männer und Frauen den Dalai Lama, ihr geistiges Oberhaupt, durch ihre Präsenz vor der chinesischen Volksarmee zu schützen. Doch es gelang ihnen nicht: Der Dalai Lama floh wenig Tage darauf ins Exil nach Indien und der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. Zehntausende Tibeter starben, seitdem hält China Tibet besetzt, allein 120.000 Tibeter leben seither im indischen Exil.

Festnahmen in Lhasa

Rund 60 buddhistische Mönche wurden letzte Woche bei Protesten in der tibetischen Hauptstadt Lhasa festgenommen worden. Etwa 300 buddhistische Mönche waren auf ihrem Marsch aus dem Drepung-Kloster zum weltbekannten Potala-Palast an einem Kontrollpunkt aufgehalten worden. Die Mönche hatten die Freilassung von inhaftierten Glaubensbrüdern aus chinesischen Gefängnissen gefordert. Die Sicherheitskräfte wollten die Vorfälle nicht kommentieren. Die Mönche sind an einen unbekannten Ort gebracht und der Zugang zum Deprung-Kloster versperrt worden. Auch andere Klöster in und um Lhasa sind von paramilitärischen Polizeieinheiten bewacht worden. Bei einem weiteren Zwischenfall haben neun Mönche und zwei weitere Personen vor einer religiösen Stätte in Lhasa Parolen gerufen und Spruchbänder entrollt haben. Auch sie sind verhaftet worden, meldete der Sender weiter.

Protestmarsch von Indien nach Tibet

Mehrere hundert Exiltibeter in Indien begannen einen gegen China gerichteten Protestmarsch. Unter dem Applaus tausender buddhistischer Mönche brachen sie in Dharamsala, dem Sitz des Dalai Lamas und der tibetischen Exil-Regierung auf. An dem Marsch beteiligen sich Mönche, Nonnen und Jugendliche, die überwiegend im Exil geboren wurden. Sie wollen das Land in sechs Monaten erreichen, ungefähr zum Start der olympischen Spiele. Sie setzten sich am heutigen Dienstag über ein Verbot der indischen Polizei hinweg und führten ihren Protestmarsch gegen die Besatzung Tibets durch China fort. Der örtliche indische Polizeichef kündigte an, man werde „rechtliche Massnahmen" gegen die Demonstranten einleiten, sollten sie versuchen, trotz des Verbots die Grenzen des Bezirks Kangra zu überschreiten. Der Protestmarsch könnte die Bezirksgrenze noch am Mittwoch erreichen.

Proteste und Zusammenstöße in Nepal

In der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu versammelten sich rund 3000 Tibeter in einem Tempelkomplex. Als rund 500 Menschen das Gelände verlassen wollten, um vor der chinesischen Botschaft zu protestieren, kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte hielten die Demonstranten mit Schlagstöcken von ihrem Vorhaben ab, nachdem sie mit Steinen beworfen worden waren. Mindestens zwei Polizisten und drei Demonstranten wurden verletzt, 130 Demonstranten wurden festgenommen.

Aktionen weltweit

Auf einem Parkplatz vor der antiken Sportstätte im griechischen Olympia entzündete eine Gruppe Exil-Tibeter symbolisch eine Flamme. Die Polizei beendete die Aktion nach eigenen Angaben nach rund fünf Minuten. Zu weiteren Aktionen kam es in vielen anderen Städten auf der Welt. 921 Städte, Gemeinden und Landkreise zeigen Flagge und veranstalten Info-Aktionen zum Thema Tibet, darunter auch viele in Deutschland.

Die glücklichen Olympischen Spiele

Die tibetische Oper mit dem Titel "Die glücklichen Olympischen Spiele" soll Teil einer Gala anlässlich der Eröffnung der Olympischen Spiele sein. Das BOCOG, das Beijinger Olympische Organisationskomitee, habe die Kurz-Oper, die sowohl typisch tibetische Gesangs- als auch Tanzelemente enthält, ausgewählt, teilte das Kulturamt des chinesischen Autonomen Gebietes Tibet heute mit. Die Oper in drei Akten zeigt aber auch tibetische Monologe und Trommelkünste. 90 Künstler präsentieren den dreiminütigen Opernzusammenschnitt.

China beschwört Sicherheit

Der Dalai Lama beteuerte, er wolle dennoch den Dialog mit der Führung in Peking fortsetzen. Einen Boykott der Olympischen Spiele halte er für zu radikal. China solle Gastgeber der Spiele sein. Doch die Sicherheitsbehörden scheinen derzeit Kopf zu stehen. Nun wurde islamischen Separatisten vorgeworfen, einen Anschlag auf die Olympischen Spiele in Peking geplant zu haben. «Offensichtlich hatte die Bande einen Anschlag geplant, dessen Ziel die Olympiade war», zitierte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua den Parteichef der chinesischen Provinz Xinjiang, Wang Lequan. Er meinte damit eine Gruppe von Uiguren, die laut chinesischen Angaben Ende Januar nach einer Schiesserei überwältigt und festgenommen worden ist. Sie sollen Peking zufolge mit der Islamischen Ostturkestan-Bewegung kooperiert haben, die für einen unabhängigen muslimischen Staat in Zentralasien kämpft. Auch eine versuchte Flugzeugentführung am Freitag vergangener Woche bringen Chinas Medien mit uigurischen Separatisten in Verbindung. Sicherheitspersonal an Bord einer Maschine der Fluggesellschaft China Southern Airlines habe «einige Personen» überwältigt, die das Flugzeug auf dem Weg von Urumqi nach Peking zum Absturz bringen wollten, meldete die «China Daily» am Montag. Die chinesische Polizei hatte schnell reagiert. Bilanz der Razzia: zwei Tote und fünfzehn festgenommene islamistische Terroristen. Alle kommen aus Urumqi, der Hauptstadt der mehrheitlich muslimischen Provinz Xinjiang – alles Uiguren. Die Olympischen Spiele sind die wichtigste Bühne für die Kommunistische Partei Chinas (KPC), um zu zeigen, dass ihr System funktioniert und ein Kurswechsel in der politischen Landschaft nicht notwendig ist. 45 Prozent der Bevölkerung in Xinjiang sind Uiguren. Sie lebten dort schon bevor die Region ein Teil Chinas war.

Weitere Forderungen an China

Der Weltkongress hatte sich zwar von jeglicher Gewalt distanziert. Er verlangt jedoch wie die Demonstranten für Tibet von Peking echte Autonomie für das Turkvolk der Uiguren im Nordwesten Chinas, das wie die Tibeter seit dem Einmarsch der chinesischen Truppen in Xinjiang unterdrückt wird. China hatte versucht, auch den Weltkongress und andere friedliche uigurische Aktivisten als «Terroristen» abzustempeln. «Besonders seit dem 11. September in den USA versucht Peking, seine Verfolgung der Uiguren als Kampf gegen den Terror darzustellen», sagt Tilman Zülch von der Gesellschaft für Bedrohte Völker in Göttingen. Weder Uiguren im Exil noch Menschenrechtler wollen ausschließen, dass es vereinzelte Terrorakte von Islamisten in China gegeben haben könnte. Nachgewiesen oder genau dokumentiert sei dies aber bislang niemals, sagen sie. «Klar ist jedoch, dass China mit grosser Brutalität gegen uigurische Autonomiebestrebungen vorgeht», sagt Zülch. Schätzungsweise 17'000 Uiguren säßen derzeit aus politischen Gründen in chinesischen Arbeitslagern.

Razzien auch bei christlichen Organisationen

Am 20. Februar wurden 40 Teilnehmer einer Bibelkonferenz in der Stadt Xilinhaote in der Inneren Mongolei festgenommen. Darunter sind der Vorsitzende der Hauskirchen-Allianz in der Autonomen Region, Wang Dawei, und ein südkoreanischer Pastor, der die Versammlung leitete. Am dritten Tag der Konferenz kam es laut China Aid Association (CAA) zu einer Razzia. Rund 100 Polizisten nahmen die Teilnehmer fest, beschlagnahmten die Kollekte und über 30 Kisten mit Bibeln und anderer christlicher Literatur. Nach Angaben der CAA handelt es sich um die umfangreichste Verfolgungsaktion seit 25 Jahren. Im vorigen Jahr habe es bereits 60 Übergriffe auf staatlich nicht anerkannte Hausgemeinden gegeben, ein Zuwachs von mehr als 30 Prozent gegenüber 2006. Die Zahl der Verfolgten wuchs um 18,5 Prozent auf 788 Personen.

"Sportbund verharmlost Menschenrechtsverletzungen"

Unterdessen hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vorgeworfen, schwere Menschenrechtsverletzungen in China zu verharmlosen. Es sei Schönfärberei, wenn Generaldirektor Michael Vesper trotz immer neuer Verhaftungen und willkürlicher Todesurteile von klaren Fortschritten bei den Menschenrechten in China spreche, erklärte Asienreferent Ulrich Delius (Göttingen). Unverständlich sei auch, wenn DOSB-Präsident Thomas Bach verkünde, die Öffnung Chinas habe begonnen. Statt einer Liberalisierung, habe im Vorfeld der Olympischen Spiele die Verfolgung von Tibetern, Uiguren, Falun-Gong-Praktizierenden sowie Menschenrechtlern und Wanderarbeitern zugenommen. Am 8. August 2008 beginnen in Peking die Olympischen Spiele. Bei der Vergabe 2001 hatte China zugesichert, die Menschenrechtslage entscheidend zu verbessern. Doch dies sei bis heute nicht geschehen. Es herrsche weiterhin Zensur im Reich der Mitte und rund 100 Journalisten, Internet-Dissidenten und Verteidiger der Meinungsfreiheit seien hinter Gittern, so auch die Organisation Reporter ohne Grenzen und haben wichtige Forderungen zur Pressefreiheit auf ihrer Webseite veröffentlicht. Unter anderem kann man auch Petitionen für inhaftierte Journalisten in China online unterzeichnen.

Olympia 2008 - Repressionen in China halten an:
www.reporter-ohne-grenzen.de/peking-2008-ii.html

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